Legenden um die Entstehung des Wallfahrtsortes von Maria Kulm
1. Der Fleischhauer aus Falkenau
Ein Fleischhauer, der in dieser Gegend unterwegs war, um Schlachtvieh einzukaufen, rastete auf dem Heimweg nach Falkenau an schattiger Stelle im Wald und schlief dabei ein. Im Schlummer hörte er sich dreimal bei seinem Namen „Wörl-Pepp“ rufen und als er dadurch erwachte, erblickte er in einer Haselnussstaude eine Muttergottesstatue mit Kind. Er war darüber so erfreut, dass er das Bild in seine Arme nahm und es mit nach Falkenau trug, um es zu Hause andächtig zu verehren.
Als aber der Fleischhauer über die Entdeckung des Bildes nachdachte, glaubte er, dass ihn Gott absichtlich zu jener Haselstaude hinführte, wo das Marienbild verborgen war. Er verspürte, dass auch dieser Ort von der göttlichen Vorsich bestimmt ist, das Bildnis der Gottesmutter dort zu verehren. Er nahm das Bild aus seiner Wohnung, trug es an die vorige Stelle, ließ ein Dach darüber anbringen und den Ort für die Andacht einrichten.
Er erwarb sich daher in der ganzen umliegenden Gegend den Namen des Patriarchen Jakob, weil er durch den Himmel selbst aufgefordert wurde, an dieser Stelle das Opfer seiner Frömmigkeit darzubringen. Von nun an strömten häufig andächtige Menschen nach diesem Orte.
(Aus einer Beschreibung von 1853 aus Eger)
2. Die Legende vom reuigen Fassbindergesellen
Bald darauf verhinderten innere Landesunruhen eine Zeit lang die Wallfahrten. Während dieser Zeit stürzte das Dach, welches über dem Bildnis errichtet war, zusammen und das „Bildnis der Gottesmutter mit dem Kind“ wurde mit Dickicht bedeckt wie vorher, so dass diese Stätte eine Zeit lang in Vergessenheit kam.
Von dieser Zeit an erhielt der Ort den Namen „Maria Kulm“.Einige behaupten, der Name rührt von dem lateinischen Wort „culmen“ her, welches auf Deutsch „Gipfel“ heißt, weil diese Kapelle in „culmine montis“ = „auf dem Gipfel des Berges“ erbaut wurde.
(Königsberger Druckschrift von 1890)
Noch heute gehört zur Wallfahrt nach Maria Kulm die Erneuerung des Lebens durch eine gute Beichte. Die Gottesmutter ist es, der sich viele Büßer anvertrauen, und um ihre Hilfe zur Erneuerung ihres Lebens bitten.
3. Die Legende von den Kulmer Räubern
In einem stillgelegten Bergwerksstollen nahe Kulm hausten in mittelalterlicher Zeit eine Bande von Räubern,
welche sich der Habseligkeiten der Wallfahrer und Reisenden bemächtigten.
Immer wieder gelang es ihnen, sich unter die Gelage der Reichen einzuschmuggeln und als Liebhaber
die Edelfräulein zu verführen, zu berauben und dann bei den Schächten von Kulm zu ermorden. Das tapfere
Schlossmädel Bibiana, Tochter des Burgvogts von Reißengrün, wurde beim Zurückholen eines vergessenen Brettspieles
aus der Marienkapelle Zeugin eines solchen Frauenmordes. Sie begab sich daraufhin selber in die Hand des
Mörders und konnte auf diese Weise die Ausforschung der Räuber und schließlich ihre Gefangennahme ermöglichen.
Während die Gebeine der Ermordeten in einer Außennische der Umfriedung der Gnadenstätte bestattet wurden, konnte von den gestohlenen Schätzen von großem Wert die Wallfahrtskirche erbaut werden, welche als Pfarrei 1401 erhoben und den böhmischen „Kreuzherren mit dem roten Stern“ zur Obhut anvertraut wurde.
(Quelle aus den Memorialbüchern des Kulmer Archivs 1710)
ln einem alten Wallfahrtslied, dessen Melodie verloren gegangen ist, heißt es:
Sei gegrüßet, du edle Braut, zu Kulm in der Haselstaud; vor dir
fall ich auf die Knie, all mein Gebet, das lass ich hie.
Sei gegrüßet, o Jungfrau rein, samt Deinem liebsten Jesulein! Wer
Maria Kulm mir einmal nennt, mein Herz vor Liebe allzeit brennt.
Wenn ich seh‘ das heil‘ge Haus, von weitem gehn die Strahlen
aus: Wallfahrer, eilet nur schnell, nach Maria Kulm, dem Gnadenquell.
Geht nur zu dem heil‘gen Ort, setzt euere Gedanken fort, nach
Maria Kulm mit ganzem Fleiß, wünsch euch viel Glück auf die
Reis‘.
Wenn ich Dich nicht mehr sehen kann, so bitt ich, nimm meine
Seufzer an. Allhier an meinen letzten End mach mir ein richtiges
Testament.
Hilf! Sonsten gehe ich zugrund, mach meine arme Seel‘ gesund.
Und wenn mein Herz ist voller Sünd, so bitt für mich, Dein liebes
Kind.
Wenn ich mich zum Tod bereit, Mutter Gottes, sei Du nicht weit,
begleite mich bis an das End‘, durch das Heilige Sakrament.
(Albert Brosch, 1940)